Gedenkrede zum Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus

Rede von Claudia Dalbert zur Gedenkveranstaltung organisiert von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und dem Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V. auf dem Südfriedhof in Halle (Saale).

08.05.12 –

Wir gedenken heute am 8. Mai dem Ende des 2. Weltkriegs.

Wir gedenken der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht.

Wir gedenken heute der Befreiung vom Nationalsozialismus.

Mit dem 3. Reich und dem 2. Weltkrieg hat Nazideutschland unvorstellbares Leid über die Menschheit gebracht!

  • Wir gedenken heute in Trauer der 50 Millionen Toten.
  • Wir gedenken des Holocaust, also der versuchten systematischen Vernichtung eines ganzen Volkes
  • Wir gedenken der vielen Kriegsverbrechen und der Flächenbombardments
  • Wir erinnern uns des ersten Einsatzes von Atombomben
  • Wir gedenken auch der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter.

 

Wir  gedenken heute dankbar und beschämt der Menschen, die im zweiten Weltkrieg gestorben sind, um uns vom Nationalsozialismus zu befreien.

Krieg bringt Leid über die Menschen und dies gilt in ganz besonderer Weise für die Zivilbevölkerung, die Frauen, die Kinder, die Alten und Schwachen.

Von allen Alliierten im Kampf gegen das Hitlerregime hatte die Sowjetunion die meisten Opfer zu verzeichnen. Und auch hier war es wieder die Zivilbevölkerung, die das größte Leid ertragen musste. Mehr als die Hälfte der etwa 27 Millionen sowjetischer Opfer waren Zivilisten.

Um es mit Heinrich Böll zu sagen:

„Freiheit wird nie geschenkt, immer nur gewonnen“

Für die Befreiung vom Nationalsozialismus haben sehr viele Menschen ihr Leben gelassen. Und heute ist es unsere Verantwortung, die Freiheit und damit die Demokratie zu verteidigen.

Es ist unsere Verantwortung, uns immer wieder für die Menschenrechte und gegen die Menschenverachtung zu entscheiden.

Der Kampf gegen den Faschismus, gegen jede Form des Rechtsextremismus, das ist unsere Verantwortung, an die wir uns heute am 8.Mai erinnern wollen.

Und leider ist es immer noch und wieder aktuell existentiell, die Demokratie gegen die Neonazis zu verteidigen.

Wir dürfen nicht wegschauen:

Wir leben heute in einer Zeit, in der Angriffe auf Ausländer oder deren Besitz hier bei uns in Sachsen-Anhalt scheinbar zum Alltag gehören.

 

Wir erinnern uns der Verbrennung des Tagebuchs der Anne Frank in Pretzien vor sechs Jahren.

Wir erinnern uns des Überfalls von Neonazis auf Theaterschauspieler in Halberstadt vor fünf Jahren.

Wir erinnern uns des Überfalls auf einen Dönerimbiss in Mücheln im März.

Wir erinnern uns des Überfalls an der Eissporthalle auf einen behinderten Hallenser im April

Wir erinnern uns des brutalen Übergriffs auf eine syrische Familie während der Eisleber Frühlingswiese vor wenigen Tagen.

 

Wir leben heute in einer Zeit, in der die Neonazis versuchen, unsere Geschichte und vor allem die Geschichte des 3. Reiches und des 2. Weltkriegs im Sinne ihrer braunen menschenverachtenden Ideologie umzudeuten.

Darum dürfen wir ihnen die Straße nicht überlassen, nicht am Tag der Bombardierung von Magdeburg, nicht am Tag der Bombardierung von Dessau, nicht am 17. Juni, nicht am 1. Mai und an keinem anderen Tag.

Wir müssen gemeinsam bereit sein, für die Demokratie zu werben,

Wir müssen gemeinsam bereit sein, der Menschenverachtung in jeder Form entgegen zu treten, egal gegen ob sie sich gegen Menschen mit einem anderen kulturellen Hintergrund, mit einer anderen religiösen Überzeugung oder einer anderen sexuellen Identität richtet.

Wir müssen die Demokratie überall dort verteidigen, wo sie angegriffen wird.

 

Lassen sie mich mit Worten von Erich Fried schließen:

Was keiner geglaubt haben wird

 was keiner gewußt haben konnte

was keiner geahnt haben durfte

 das wird dann wieder

 das gewesen sein

 was keiner gewollt haben wollte.

 

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