Für die Wälder der Zukunft: Was wir jetzt tun müssen – Dalbert stellt bei Regierungserklärung den Aufbau klimastabiler Mischwälder, nachhaltige Bewirtschaftung und die stoffliche Nutzung von Holz in den Mittelpunkt

04.02.21 –

Magdeburg. Umweltministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert hat heute im Landtag von Sachsen-Anhalt eine Regierungserklärung zum Thema „Für die Wälder der Zukunft: Was wir jetzt tun müssen“ gehalten. Sie schilderte die aktuelle Schadenssituation aufgrund der Klimakrise und appellierte erneut eindringlich, klimastabile Mischwälder aufzubauen und diese nachhaltig zu bewirtschaften. Darüber hinaus forderte sie, die stoffliche Nutzung von Holz, zum Beispiel beim Bauen, weiter voranzubringen.

„Seit 2017 befindet sich die Forstwirtschaft in Sachsen-Anhalt und Deutschland in einer Extremsituation, die niemand erwartet hätte. Diese Extremsituation kam nicht zufällig, sondern ist eine Folge der Klimakrise. In unseren Wäldern müssen großflächige Wiederaufforstungen stattfinden. Dies muss an einen klimastabilen Waldumbau gekoppelt sein. Mehrere Baumarten gemeinsam bilden den klimastabilen Mischwald. Damit wird das Risiko auf mehrere Baumarten verteilt. Das ist die einzig sinnvolle Strategie. Die bisherige Forstwirtschaft und Monokulturen sind gescheitert“, sagte sie.

Mit Blick auf Holz als heimischen Rohstoff ergänzte sie: „Der Wald der Zukunft braucht Ideen und Innovationen. Ich bin überzeugt, dass bei der stofflichen Nutzung von Holz noch mehr möglich ist. Weitere Unternehmensansiedlungen könnten gerade dem Strukturwandel im Süden Sachsen-Anhalts große Impulse geben. Wir haben jetzt die einmalige Chance, die Wälder Sachsen-Anhalts zukunftsfest zu machen, damit sie der Klimakrise trotzen können. Dabei sitzen Holzwirtschaft und Ökologie in einem Boot. Der Wald der Zukunft wird am besten nachhaltig bewirtschaftet.“

 

Es folgt die Rede der Ministerin im Wortlaut. Es gilt das gesprochene Wort.

„Seit 2017 befindet sich die Forstwirtschaft in Sachsen-Anhalt und Deutschland in einer Extremsituation, die niemand erwartet hätte. Weder Waldbesitzer*innen, noch Förster*innen oder auch Wissenschaftler*innen hatten diese Abfolge von Sommer- und Winterstürmen, von Dauertrockenheit und Schädlingsbefall in dieser Ausprägung vorhersehen können. Und dennoch: Diese Extremsituation kam nicht zufällig, sondern ist eine Folge der Klimakrise, der zweifellos größten Herausforderung der Menschheitsgeschichte. 

Bereits in den 1970er-/1980er-Jahren machten die ersten Wissenschaftler*innen auf die globalen Klimarisiken aufmerksam. Ab den 1990er-Jahren begann die Politik (Rio, 1992/Kyoto, 1997), mehr halbherzig, darauf zu reagieren. Aber insgesamt war das Thema für viele Menschen weit weg. Denn: Wer konnte schon mit einer nackten Zahl etwas anfangen; die Durchschnittstemperatur ist seit 1881 in Deutschland und Sachsen-Anhalt im Jahresmittel um 1,5 Grad Celsius angestiegen. Das klingt natürlich nicht wirklich bedrohlich, wo doch allein an einem „Normaltag“ die Tagestemperatur um zehn Grad Celsius und mehr schwanken kann.

Seit der Sturmserie 2017/2018 und vor allem ab dem Sommer 2018 ist dies – so nicht nur mein Empfinden – anders. Die extreme Trockenheit und Hitze des gesamten Sommerhalbjahrs 2018 wurde von vielen Menschen als bedrohlich wahrgenommen und haben unserer Landwirtschaft schwer zugesetzt. Das Thema ist spätestens seitdem generationsübergreifend in den Familien angekommen. Die Bewegung „Fridays for Future“ eine „Konsequenz“.

Der Begriff „Klimawandel“ ist kaum mehr streitig und der Begriff „Klimakrise“ – denn nichts anderes ist es – wurde seitdem immer öfter genannt. Selbst der im Januar 2021 veröffentlichte Weltrisikobericht des Weltwirtschaftsforums (Davos) nennt die Klimakrise (ebenso wie bereits 2020) – trotz der aktuellen Pandemieproblematik – als Hauptrisiko. 

Und das extreme Sommerhalbjahr 2018, was übrigens den angeblichen Jahrhundertsommer 2003 abgelöst hat, wirkt bis heute fort. Seitdem gab es fast keinen Monat mit normalen Temperaturwerten. Nach 2018 (10,5 Grad Celsius) war 2020 das zweitwärmste (10,4 Grad Celsius) und 2019 das drittwärmste (10,3 Grad Celsius) Jahr seit 1881. Diese nackten Zahlen kommentierten die eher „nüchternen“ Beamt*innen des Deutschen Wetterdienstes (DWD, Offenbach) in ihrer Jahresauswertung für 2020: „Das sehr warme Jahr 2020 darf uns nicht kalt lassen. Die wissenschaftlichen Klimafakten des nationalen Wetterdienstes sind alarmierend. Klimaschutz ist das Gebot der Stunde. Wir müssen jetzt handeln."

Die hohen Jahresdurchschnittswerte sind aber nur der eine Aspekt. Für unsere Wälder viel problematischer ist die Dauertrockenheit. Schon seit 2011 war außer 2017 jedes Jahr in Deutschland zu trocken. Seit 2018 verschärfte sich die Situation dann abrupt. Das muss uns zu denken geben. Weil bisher gehen die Klimaprognosen davon aus, dass die Niederschlagsmenge im Jahr nicht abnehmen wird. Zwar wurde in den Klimamodellen weniger Regen in der Vegetationszeit prognostiziert, aber die Winterhalbjahre sollten feuchter werden. In den Jahren 2019 und 2020 war dies nicht der Fall, sodass die Defizite aus den Sommerhalbjahren nicht ausgeglichen werden konnten.

Für den Wald sind aber die Winterniederschläge extrem wichtig. Im Winter bilden sich die Bodenwasservorräte neu und können Schäden in heißen Sommern vermeiden. So hatten wir in 2018 noch keine Trockenschäden im Wald, erst der Sommer 2019 brachte uns diese Probleme.

Die Schäden haben in unserem Bundesland, aber auch in anderen Ländern, ein historisches Ausmaß angenommen. Über alle Waldbesitzarten ist in dem Zeitraum 2018 bis 2020 ein Schadholzumfang von 13 Millionen Festmeter zu verzeichnen. Damit verbunden sind circa 25.000 Hektar Blößen, also Freiflächen, die wiederaufgeforstet werden müssen. Das entspricht rund fünf Prozent der gesamten Waldfläche Sachsen-Anhalts! Damit gehört Sachsen-Anhalt zu den sechs am stärksten betroffenen Bundesländern in Deutschland. Ob es in 2021 weitere Schadenzuwächse geben wird, entscheidet der Witterungsverlauf. November und Dezember 2020 waren abermals viel zu trocken. Der Waldzustandsbericht 2020 weist für die Waldbäume in Sachsen-Anhalt eine mittlere Kronenverlichtung von 25 Prozent aus, nach 26 Prozent in 2019. Das heißt, jedem vierten Baum geht es nicht gut. Die Absterberate ist bei der Baumart Fichte mit 31,1 Prozent besonders hoch. Circa 60 Prozent des gesamten Schadholzumfangs entfallen auf diese Baumart, die durch ihre Monokulturen den Harz prägt. Die gegenwärtige Extremsituation in den Wäldern Sachsen-Anhalts ist aber nicht nur eine Folge der menschengemachten Klimakrise. Vielmehr hat der Mensch auch durch Fehler bei der Baumartenwahl seinen Beitrag zur gegenwärtigen Situation geleistet.

Es steht mir nicht zu, dies mit erhobenem Zeigefinger zu kritisieren. Frühere Generationen wussten vieles oft nicht besser. Welche Ahnung von der heutigen Klimakrise hatten die Förster*innen und Waldbesitzer*innen im Jahr 1920, als sie die Fichtensetzlinge im Harz in Reihe und Glied gepflanzt haben? Die Antwort ist einfach: Nichts wussten sie von den klimakrisenbedingten Problemen des 21. Jahrhunderts. Andererseits glaube ich, dass die früheren Generationen auch schon damals in Teilen wider besseren Wissens gehandelt haben. So war die Sturm- und Schädlingsanfälligkeit von gleichaltrigen Monokulturen auch vor 100 Jahren nicht unbekannt. Man ging auch damals schon mit Monokulturen ein Stück weit bewusst ins Risiko, um möglichst hohe finanzielle Erträge zu generieren. Vielleicht hat sich das finanziell sogar lange Zeit ausgezahlt, aber durch die Klimakrise (Stürme, Trockenheit, Schädlinge) haben sich die Karten noch mal neu gemischt.

Wir sollten, nein, wir müssen aus früheren Fehlern lernen. Dies sind wir nicht in erst Linie uns, sondern vor allem unseren Kindern und Enkeln schuldig. Der Wald der Zukunft benötigt heute breit angelegte Hilfe: Die forstliche Förderung in Sachsen-Anhalt beinhaltet sechs Programme. Hilfen für die Bewältigung der Schäden durch die Extremwetterereignisse und für die anstehenden Waldumbaumaßnahmen bieten insbesondere die beiden 2019 neu gestarteten Richtlinien Waldschutz und Forst.

Immer mehr Forstbetriebe haben hierüber eine Förderung erhalten, zum 31.12.2020 waren 15 Millionen Euro ausgezahlt. So viel wie noch nie. Die GAK-Förderung des Bundes mit Kofinanzierung aus dem Land ermöglicht diese langfristige Unterstützung beim Umbau unserer Wälder. Auch in den Jahren (2021), 2022 und 2023 wollen wir für diese beiden zentralen Förderrichtlinien jährlich rund 17 Mio. Euro bereitstellen. Weiterhin fördern wir Waldumweltmaßnahmen wie zum Beispiel die Erhaltung von Altholzbeständen oder Biotopbäumen mit Geldern aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes. Für die Förderperiode 2021 bis 2027 sind hierfür 5,1 Millionen Euro vorgesehen. Der Wald der Zukunft braucht langfristige Unterstützung: Im Jahr 2020 und auch in diesem Jahr standen bzw. stehen in Sachsen-Anhalt zur Unterstützung unserer Waldbesitzenden insgesamt rund 21,5 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung und damit mehr als das Dreifache der Vorjahre. Die Planaufstellungen für den nächsten Doppelhaushalt sind angelaufen. Um den Waldumbau weiter voranzutreiben, werden wir weiterhin investieren müssen – auch mit Mitteln aus dem eigenen Haushalt. Hierfür möchte ich Sie schon jetzt sensibilisieren. Aber finanzielle Hilfen alleine lösen die Probleme in den Wäldern nicht. Wir müssen uns von den Fehlern der Vergangenheit lösen und in der Gegenwart und Zukunft mit den richtigen Baumarten arbeiten. Den Wald der Zukunft müssen wir strategisch aufbauen.

Ich bin sicher, dass Sie meine Überzeugung teilen, dass in unseren Wäldern großflächige Wiederaufforstungen stattfinden müssen. Dies muss allerdings an einen klimastabilen Waldumbau gekoppelt sein. Wiederaufforstung bedeutet in der Forstwirtschaft das Anpflanzen von Bäumen, die Beteiligung von Naturverjüngung oder die Aussaat von Samen mit dem Ziel einer Bewaldung. Dabei stellt sich die große Frage, welche Baumarten die Baumarten der Zukunft sind. Um es vorwegzunehmen: Genau wissen wir es nicht. Die Forstwissenschaft erforscht deshalb, welche Baumarten mit höheren Temperaturen und weniger Niederschlag besser zurechtkommen und welche nicht. Die Baumart der Zukunft wird nur noch an wenigen Standorten die Fichte sein. Bekannt ist schon länger, dass die Fichte im Tiefland und in den unteren und mittleren Lagen der Mittelgebirge keine Zukunft hat. Die Fichte war ursprünglich auch nur in den höheren Lagen der Mittelgebirge verbreitet und erst der Mensch hat sie quasi „falsch verpflanzt“, um möglichst hohe Erträge zu erzielen. Das Ergebnis lässt sich im Harz eindrucksvoll beobachten.

Die Baumarten der Zukunft stehen nicht allein: Diversifizierung ist das Stichwort, mehrere Baumarten gemeinsam bilden den klimastabilen Mischwald. Damit wird das Risiko auf mehrere Baumarten verteilt. Das ist die einzig sinnvolle Strategie. Die bisherige Forstwirtschaft und Monokulturen sind gescheitert.

Auch wenn noch nicht alle wissenschaftliche Fragen geklärt sind, haben wir bereits eine gute Orientierung und verfügen über eine Waldbaustrategie. Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt hat Modelle entwickelt, die die Leistungsfähigkeit der Baumarten auf bestimmten Standorten einschätzte. In einer Broschüre sind alle Ergebnisse zusammengefasst und leicht verständlich dargestellt. So findet sich für jeden Standort die passende Hauptbaumart mit passenden weiteren Baumarten. Diese Unterstützung bei der Waldbaustrategie stellt eine wissenschaftlich abgesicherte Entscheidungsgrundlage dar, auch für künftige Fördermaßnahmen des Landes.

Darüber hinaus ist die Beschaffung von hochqualitativem Saatgut von großer Bedeutung. Gegenwärtig verfügt Sachsen-Anhalt über Samenplantagen von rund 87 Hektar in den unterschiedlichen Qualitätskategorien einschließlich der gebietsheimischen Gehölze. Unser Ziel bis 2025 ist es, den heimischen Pflanzenmarkt für alle Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer im Land Sachsen-Anhalt zu versorgen.

Der Wald der Zukunft braucht heimisches Saatgut: Um die Wiederaufforstung zu sichern, werden etwa 20 Hektar an Samenplantagen in den nächsten Jahren hinzukommen. In 2019 und 2020 wurden bereits zwei Samenplantagen der Baumart Traubeneiche unter wissenschaftlicher Begleitung der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt angelegt.

Der Wald der Zukunft braucht viel Pflege in der Kinderstube: Durch die zunehmende Frühjahrs- und Sommertrockenheit ist die Anwachswahrscheinlichkeit bei Jungbäumen je nach Standort deutlich reduziert. Junge Bäume haben in den ersten zwei bis drei Jahren, teilweise sogar in den ersten zehn Jahren ein hohes Risiko, in langfristigen Trockenperioden einzugehen. Daher muss an manchen Standorten zwei Mal oder öfter nachgepflanzt werden. Darauf stellen wir uns ein, indem wir in unseren Programmen auch das Nachpflanzen fördern. Auch verstärkte Containerpflanzungen (wurzelschonend) oder gar professionelle Gießtechnik können trotz der Mehrkosten lokal eine sinnvolle Lösung sein. Der Wald der Zukunft gefällt auch dem Wild: Der Wildverbiss durch Reh- und Rotwild ist ein Problem. Grundsätzlich ist dies bereits seit vielen Jahren (und nicht erst seit 2018) ein Thema, weswegen Neuanpflanzungen und Naturverjüngung großflächig per Drahtzaun oder per Einzelverdrahtung geschützt werden. Dieser Aufwand erhöht ebenfalls die Kosten erheblich und ist auch ökologisch nachteilig, weil ganze Waldflächen dem Wild als Nahrung- und Wanderungsraum entzogen werden.

Eines ist gewiss: Ohne die Unterstützung und den festen Willen der Verantwortlichen in der Fläche, dazu zählen neben den Grundeigentümern unsere rund 12.000 Jägerinnen und Jäger in Sachsen-Anhalt, werden wir es schwer haben, unsere wald- und umweltpolitischen Zielstellungen der kommenden Jahre zu erreichen. Aus heutiger Sicht setze ich auf die Weiterentwicklung des Jagdrechts – zunächst auf Bundesebene durch die Novellierung des Bundesjagdgesetzes – und vertraue gleichzeitig auf die Unterstützung des Landesjagdverbandes. Insgesamt gehen wir davon aus, dass das Waldbrandrisiko im Kontext der Klimakrise in den nächsten Jahrzehnten steigen wird, auch wenn dies bei uns in den letzten beiden Jahren nicht so war. Neben gut ausgestatteten Feuerwehreinsatzkräften ist vor allem die Erhöhung der Laubholzanteile die zentrale Stellschraube, um die Waldbrandgefahr zu reduzieren. Zur frühen Erkennung von Waldbränden wurde die Überwachung mit Kameras modernisiert. Um die Waldbrandbekämpfung zu verbessern, fördern wir den Wegebau und den Brunnenbau im Wald. Darüber hinaus stimmt sich das Landeszentrum Wald eng mit den Feuerwehren vor Ort ab und erstellt Waldbrandeinsatzkarten für die Wälder.

Die von mir bisher angesprochenen Herausforderungen müssen unter sehr schwierigen Rahmenbedingungen angegangen werden. Seit nun drei Jahren sind alle Forstleute, Waldbesitzende und Forstunternehmerinnen und -unternehmer im Ausnahmezustand und arbeiten an der Belastungsgrenze. Die reinen Waldschäden sind das eine, aber mindestens im gleichen Maße problematisch sind die geringen Holzpreise durch das Überangebot. Der Holzpreis ist in allen Sortimenten um bis zu zwei Drittel eingebrochen. Ausnahmen sind hochwertige Laubhölzer.

Die privaten, kommunalen und staatlichen Betriebe müssen mit unplanmäßiger Betriebsführung, Zuwachsverlusten und höheren Aufarbeitungskosten umgehen. Dazu kommt ein außerordentlicher Verschleiß an Gerät und Wegen durch den hohen Maschineneinsatz.

Oft hat der Erlös in den Nadelhölzern nicht einmal mehr die Werbungs- geschweige die Holzlagerkosten decken können. Und da der Holzverkauf die hauptsächliche Einnahmequelle darstellt, wären ohne Hilfe von außen die Wiederaufforstungen und der Waldumbau gefährdet.

Der Wald der Zukunft ist ein unerlässlicher Baustein im Ökosystem. Der Wald der Zukunft ist Lebensraum für bisweilen sehr seltene Pflanzen und Tiere, er dient als Wasserspeicher, Luftfilter und CO2-Speicher. Nicht zuletzt dient der Wald der Zukunft natürlich der Erholung und auch dem möglichst naturnahen Tourismus. Deshalb bin ich überzeugt, dass der Landesforstbetrieb den richtigen Weg in die Zukunft eingeschlagen hat, indem er seine Arbeit an Klimaschutz und Artenreichtum ausrichtet.

Es ist aus meiner Sicht sinnvoll, die Reviere des LFB zu verkleinern und den gesamten Landeswald schrittweise der FSC-Zertifizierung zu unterziehen. Gerade FSC-Zertifizierungen besitzen gegenüber anderen Zertifizierungen einen höheren Standard. FSC-Zertifizierungen erfolgen umweltgerecht, sind sozial förderlich und für ein zertifiziertes Unternehmen wirtschaftlich tragfähig. Der Wald der Zukunft wird zu einem Teil Wildnisgebiet sein. 8,4 Prozent des Landeswaldes sind schon Wildnisgebiet. Hier ist die Natur sich selbst überlassen. Hier haben Pflanzen und Tiere freien Raum ohne menschliche Eingriffe. Man kann von Reallaboren des Naturschutzes sprechen, die zugleich auch wertvolle Hinweise für die nachhaltige Holzwirtschaft in Wirtschaftswäldern geben können. Ich gehe davon aus, dass wir das 10-Prozent-Ziel noch in der laufen Legislaturperiode erreichen. Damit leistet Sachsen-Anhalt einen wichtigen Beitrag, um die Artenvielfalt zu erhalten und seltene Arten zu schützen. Der Wald der Zukunft hat starke Partner in der Wirtschaft. Auch wenn zehn Prozent der Flächen dem Naturschutz vorbehalten sind, 90 Prozent werden aktiv bewirtschaftet!

Holz ist ein wertvoller nachhaltiger Rohstoff, den wir sehr vielfältig einsetzen können. In der stofflichen Nutzung bleibt das CO2 gebunden. Wir haben hier noch viel Luft nach oben. Zum Beispiel beim Bauen mit ökologischen Baustoffen. Der Holzbau liegt mir als Klima-Ministerin sehr am Herzen. Der Punkt wurde auch als eigene Maßnahme in das Klima- und Energiekonzept Sachsen-Anhalt integriert. Natürlich ist Holz der historische Baustoff schlechthin, wobei Sachsen-Anhalt zudem auch ein klassisches Lehmbauland ist. Im 20. Jahrhundert ist die Holzbautradition durch die Moderne in der Architektur etwas aus dem Blick geraten. Von daher kann ich dem Vorstoß von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine am klimaschutzorientierte „neue Europäische Bauhaus-Bewegung“ anzustoßen, viel abgewinnen. Herr Kollege Robra hat im Oktober letzten Jahres ebenfalls bereits seine Unterstützung zugesagt. Eine an Klimaschutz und Nachhaltigkeit orientierte Bewegung „Bauhaus 2.0“ wäre eine großartige Chance, die Bauhaustradition Sachsen-Anhalts für das Bauen der Zukunft zu nutzen.

Dabei können Häuser zu großen Teilen – nicht nur Dachstühle – aus Holz gebaut werden. Auch mehrgeschossig, wie beispielhaft unsere Weltkulturerbestadt Quedlinburg zeigt. Dank moderner Technik gibt es weltweit auch bereits Holzbauprojekte bei Hochhäusern. Daher war sich die Regierungskoalition bei der Novellierung der Bauordnung im letzten Jahr auch einig, dass die Potentiale beim Holzbau gefördert werden müssen, auch bei mehrgeschossigen Bauten. Die Anforderungen an den Brandschutz wurden bei der Bauordnungsnovelle angepasst. Ich hoffe sehr, dass die Novellierung einigen Holzbauprojekten einen Schub geben wird. Dies gilt aber nicht nur vorwiegend für Einfamilienhausprojekte, sondern eröffnet auch bei der Quartierverdichtung neue Potentiale. So kann der eher leichte Baustoff Holz bei Dachaufbauten auf Bestandsbauten statische Hürden überwinden. Ich kann nur alle Bauherrinnen und Architektinnen dazu aufrufen, über möglichst hohe Holzanteile im Rahmen ihrer Bauprojekte nachzudenken. Damit fördern sie im Idealfall die heimische Holzwirtschaft und tun auf jeden Fall viel Gutes für den Klimaschutz.

Auch in der Industrie gibt es Absatzpotentiale für Waldbesitzende. Ich möchte hier allen voran auf das finnische Unternehmen UPM verweisen, welches sich im letzten Jahr im industriellen Herz Sachsen-Anhalts – in Leuna – angesiedelt hat (550 Mio. Euro investiert) und innovative Biochemikalien auf Laubholzbasis produzieren wird. Die Ansiedlung von UPM passt zu unserer Waldumbaustrategie. So hat der Landesforstbetrieb im Oktober 2020 mit UPM einen Rahmenvertrag zur Belieferung mit Buchen-Industrieholz unterzeichnet. Dabei handelt es sich um Durchforstungsholz, welches auf dem Holzmarkt schwer oder nur zu geringen Preisen verkaufsfähig ist. Die Buche ist zudem ein wichtiger Baum beim Waldumbau in Sachsen-Anhalt.

Der Wald der Zukunft braucht Ideen und Innovationen. Ich bin überzeugt, dass bei der stofflichen Nutzung von Holz noch mehr möglich ist. Weitere Unternehmensansiedlungen könnten gerade dem Strukturwandel im Süden Sachsen-Anhalts große Impulse geben.

Um dem gesamten Thema moderne Holznutzung und Strukturwandel noch mehr Schwung zu geben, haben das MULE und der Landkreis Mansfeld-Südharz im Dezember eine Absichtserklärung zur Schaffung eines Innovationshubs „Zukunft Holz und Klima“ unterzeichnet. Finanziert werden soll das aus Strukturwandelgeldern. Ziel des Innovationshubs ist die Vernetzung mit bereits vorhandenen Informationsclustern im Fachgebiet Holz und angrenzenden Bereichen. Es sollen Projekte zu Forschung und Entwicklung mit regionalen Forschungsinstituten, zur Aus- und Weiterbildung sowie zur Verfahrens-, Produkt- und Konzeptentwicklung rund ums Thema Holz umgesetzt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf nachhaltigen und klimaneutralen Systemen. Die durch die Extremwetterereignisse der letzten drei Jahre verursachten Waldschäden in Deutschland und in Sachsen-Anhalt haben ein historisches Ausmaß eingenommen. Die Beseitigung der Schäden bedarf erheblicher gesellschaftlicher und privater Anstrengungen.

Der Wald der Zukunft braucht uns und unser vorausschauendes Handeln. Wir haben jetzt die einmalige Chance, die Wälder Sachsen-Anhalts zukunftsfest zu machen, damit sie der Klimakrise trotzen können. Dabei sitzen Holzwirtschaft und Ökologie in einem Boot.

Monokulturen mögen in der Vergangenheit zeitweilig finanzielle Vorteile gebracht haben, aber sie sind immer anfälliger für Schäden bis hin zum Totalverlust. Zukunftsfähig ist allein der eingeschlagene Weg des Waldumbaus. Durch die Mehrbaumartenstrategie werden die Risiken für Waldbesitzende überhaupt erst wieder kalkulierbar. Der Wald der Zukunft wird am besten nachhaltig bewirtschaftet. Wenn sich an der wirklich nachhaltigen Dauerwaldbewirtschaftung orientiert wird, werden auch die Kinder und Kindeskinder der jetzigen Waldbesitzergeneration eine Perspektive haben. Nur mehrschichtig aufgebaute Mischwälder haben eine reale Chance, in der Klimakrise zu bestehen.

Wir können jetzt sehr viel gestalten. Gehen wir es gemeinsam an. Dann hat unser Wald eine Zukunft.“

Weiterführende Informationen zum Thema Zukunft der Wälder: Zukunft des (sachsen-anhalt.de)

 

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Quelle:
Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt 
Pressestelle 
Leipziger Str. 58 
39112 Magdeburg 
Tel: (0391) 567-1950 
Fax: (0391) 567-1964 
Mail: pr(at)mule.sachsen-anhalt.de

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