Kinderrechte obligatorisch in den Lehrplänen und Rahmenrichtlinien bekannt machen

Claudia Dalbert will mit einem Antrag zum Thema "Kinderrechte" (Drs. 6/1484) vom 04.10.2012 die Landesregierung auffordern, eine verbindliche Verankerung von Kinderrechten in den Lehrplänen von Schulen und den Bildungsplänen für Kindertagesstätten zu beschließen. Lesen Sie den dazugehörigen Pressebericht in der MZ Online (19.10.2012).

19.10.12 –

Claudia Dalbert will mit einem Antrag zum Thema "Kinderrechte" (Drs. 6/1484) vom 04.10.2012 die Landesregierung auffordern, eine verbindliche Verankerung von Kinderrechten in den Lehrplänen von Schulen und den Bildungsplänen für Kindertagesstätten zu beschließen.

Lesen Sie den dazugehörigen Pressebericht in der MZ Online (19.10.2012).

 

 

Der Landtag wolle beschließen:

1. Die Landesregierung wird aufgefordert, Kinderrechte in den Lehrplänen und Rahmenrichtlinien von Schulen und den Bildungsplänen von Kindertagesstätten zu verankern, um Kindern altersgerecht ihre Rechte im Sinne der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen bekannt zu machen.

2. Die Landeregierung wird beauftragt, Kinderrechte insbesondere in den Lehrplänen und Rahmenrichtlinien der Unterrichtsfächer Sozialkunde, Ethikunterricht, Geographie, Rechtskunde und Sachunterricht in den Grundschulen verbindlich aufzunehmen.

3. Die Landesregierung wird gebeten, die didaktische und methodische Aufbereitung der Lehrpläne und Rahmenrichtlinien mit den Hochschulen, dem Deutschen Kinderschutzbund Landesverband Sachsen-Anhalt e. V., dem Deutschen Kinderhilfswerk e. V. und dem Landesschulbeirat abzustimmen.

4. Das Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (LISA) und das Landesjugendamt sollen Seminare zu den didaktischen Aufbereitungenvon Kinderrechten für den Schulunterricht und die Kindertageseinrichtungen anbieten.

5. Die Landesregierung wird gebeten, über die didaktische und methodische Aufbereitung der Lehrpläne und Rahmenrichtlinien im Ausschuss für Bildung und Kultur sowie im Ausschuss für Arbeit und Soziales zu berichten.

Begründung

Die Kerngedanken der UN-Kinderrechtskonvention bestehen darin, Kinder zu schützen, ihre Entwicklung zu fördern und zu beteiligen. Bei allen Entscheidungen ist das Kindeswohl ein Gesichtspunkt, der vorrangig berücksichtigt werden muss. Voraussetzung hierfür ist, dass Kinder und Erwachsene, die in der Konvention festgestellten Rechte kennen, respektieren und ihre Bedeutung im Alltag erfahren. Kinderrechte werden entsprechend der Kerngedanken der Konvention nicht von Erwachsenen gewährt, sondern sie stehen Kindern als Rechtssubjekte zu.

Nach Artikel 42 der UN-Kinderrechtskonvention sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, das Übereinkommen durch geeignete und wirksame Maßnahmen bekannt zu machen. Auch die Bundesrepublik Deutschland hat sich durch die Ratifizierung der UNKinderrechtskonvention zur Realisierung dieser Maßnahme bekannt. Aber 20 Jahre nach Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention zeigt sich, dass nur wenige Kinder ihre Rechte tatsächlich kennen. So zeigt eine aktuelle Umfrage unter 1026 Kindern im Alter zwischen sechs und 15 Jahren, dass nur jedes siebte Kind die UN-Kinderrechtskonvention kennt. Das ernüchternde Ergebnis verdeutlicht, dass es hier noch einen großen Handlungsbedarf gibt.

In Sachsen-Anhalt werden die Charta der Menschenrechte und die UN-Kinderrechtskonvention im Ethikunterricht der Sekundarschulen und des Gymnasiums in den 9. und 10. Klassen behandelt. Damit zeigt sich, dass Kinderrechte in Sachsen-Anhalt insgesamt sehr spät behandelt werden, nämlich wenn die Heranwachsenden schon den größten Teil ihrer sozialen Erfahrungen in Kindertagesstätten und Schulen hinter sich haben und bereits ein Bild über die Gesellschaft, in der sie leben, geformt haben.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN teilt die Auffassung, dass es zwingend erforderlich ist, Kinderrechte schon deutlich früher, nämlich bereits in den Kindertagesstätten, zu thematisieren und kindergerecht mit den Kindern zu bearbeiten. Da Kinderrechte mit der Geburt gelten, sollten Kinder dem Alter entsprechend darüber informiert werden, dass sie eigene Rechte haben. Die Kindertagesstätten und Schulen stellen aus diesem Grund für uns den besten Weg dar, alle Kinder und Jugendlichen zu erreichen. Insbesondere die Schule ist nicht nur die zentrale Bildungsinstitution für Kinder. Mit dem Ausbau des Ganztagsschulangebots wird sie immer stärker auch zum Lebensraum für Kinder. Zudem sind Schule und Kindertagesstätte als Übungsfeld der Demokratie neben der Familie der zentrale Ort, an dem Kinder ihre wichtigsten Erfahrungen machen.

Die ersten Erfahrungen im sozialen Gemeinwesen außerhalb der Familie werden heute von Kindern in Kindertagesstätten gesammelt. Für eine erfolgreiche Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention sind altersangemessene Formen der Vermittlung von entscheidender Bedeutung. Besonders Partizipationserfahrungen in Kindertageseinrichtungen sind zentral für die Bildungsförderung und den Erwerb demokratischer Grundkompetenzen. In Kindertagestätten und Schulen findet sich noch immer eine Tendenz, dass die Behandlung von Kinderrechten dem Zufall überlassen wird, je nachdem, ob die Lehrerin und der Lehrer oder die Erzieherin und der Erzieher das Thema persönlich für wichtig erachten. Und auch dann sind Kinderrechte ausschließlich als Schutzrechte (Schutz vor körperlicher und seelischer Gewalt) oder Versorgungsrechte (Bildung und Teilhabe an gesellschaftlichen Ressourcen) Thema. Dahinter verbirgt sich noch immer das traditionelle Bild des Kindes als schutzbedürftiges Wesen, dessen Interessen wesentlich Erwachsene zu vertreten haben.

Vor diesem Hintergrund sieht die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine verbindliche Verankerung von Kinderrechten in den Lehrplänen von Schulen und den Bildungsplänen für Kindertagesstätten für dringend geboten. Allerdings darf das Thema Kinderrechte nicht mit der reinen Wissensvermittlung erledigt sein. Kinderrechte insbesondere das Recht auf Beteiligung müssen in Kindertagesstätten und in Schulen für Kinder praktisch erlebbar sein. Auch hier müssen die Interessen von Kindern in den Mittelpunkt des Handelns gerückt werden. Die Erfahrung des Rechts auf Beteiligung von frühsten Kindesbeinen an macht Demokratie erfahrbar und erlebbar und vermittelt Kindern das Gefühl, ein wichtiges Mitglied der Gemeinschaft zu sein. Dadurch wird das Selbstbewusstsein gefördert und die individuelle Bindung an die Regeln der Gemeinschaft gestärkt.

 

Prof. Dr. Claudia Dalbert
Fraktionsvorsitzende

Kategorie

Bildung | Parlament

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