27. Landtagssitzung

Sachsen-Anhalt muss die UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen und Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam lernen lassen. Die LINKE-Fraktion im Landtag hat dazu einen Antrag eingebracht, der Claudia Dalbert nicht weit genug geht. Daher stellt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Änderungsantrag (Drs. 6/1182), der von der Landesregierung konsequente Schritte hin in Richtung echter Inklusion in unseren Schulen fordert. Insbesondere die Lehrerinnen und Lehrer müssen auf die neue Aufgabe vorbereitet werden. Claudia Dalberts Rede im Plenum: Gemeinsamen Unterricht in Sachsen-Anhalt weiterentwickeln.

08.06.12 –

Sachsen-Anhalt muss die UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen und Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam lernen lassen. Die LINKE-Fraktion im Landtag hat dazu einen Antrag eingebracht, der Claudia Dalbert nicht weit genug geht. Daher stellt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Änderungsantrag (Drs. 6/1182), der von der Landesregierung konsequente Schritte hin in Richtung echter Inklusion in unseren Schulen fordert. Insbesondere die Lehrerinnen und Lehrer müssen auf die neue Aufgabe vorbereitet werden. Claudia Dalberts Rede im Plenum (folgt):

Gemeinsamen Unterricht in Sachsen-Anhalt weiterentwickeln.

 

Der Änderungsantrag im Wortlaut mit Begründung:

Änderungsantrag
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Gemeinsamen Unterricht in Sachsen-Anhalt weiterentwickeln
Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/1152


Der Landtag wolle beschließen:
Ziffer 3 des Antrags soll wie folgt geändert werden:
3. Der Landtag empfiehlt der Landesregierung bei der weiteren Bearbeitung des
Konzepts folgende Ansätze aufzunehmen:
− Die Diagnose eines Förderbedarfs muss von der Vergabe schulischer Ressourcen
getrennt werden, um eine echte, an den Entwicklungsbedarfen der
Kinder orientierte, Förderdiagnostik zu ermöglichen.
− Alle Schulen müssen über ausreichende Ressourcen verfügen, um für alle
Schülerinnen und Schüler ein optimales Lernumfeld gestalten zu können.
− Die Förderschullehrerinnen und -lehrer müssen fester Bestandteil der multiprofessionellen
Teams der Regelschulen sein. Die Zuweisung von zwei Lehrerwochenstunden
pro Schülerin und Schüler mit Förderbedarf ist völlig unzureichend.
− Im Gegenzug zur festen Zuweisung von Förderschullehrerinnen und Förderschullehrern
in die multiprofessionellen Teams an Regelschulen sind die Förderschulen
beginnend mit der ersten Klasse weitgehend abzubauen.
− Alle Lehrerinnen und Lehrer, unabhängig von der Schulform oder dem Schulfach,
müssen in ihrer universitären Ausbildung intensiv auf den Umgang mit
Schülerinnen und Schülern mit speziellen Handicaps vorbereitet werden.
− Alle Lehrerinnen und Lehrer müssen intensiv in Didaktik zum Umgang mit
Klassen mit unterschiedlichen Schülerinnen und Schülern ausgebildet werden.
− Schulen müssen in ihrer Entwicklung hin zur inklusiven Schule intensiv begleitet
werden. Hierzu gehört die regelmäßige schulspezifische Fortbildung von
Lehrerinnen und Lehrern.


Begründung
Diverse Studien und Berichte zeigen, dass Sachsen-Anhalt im Vergleich zu anderen
Bundesländern über eine weit überdurchschnittliche Quote von Schülerinnen und
Schülern mit einem gesetzlich festgelegten Förderbedarf verfügt. So betrug 2010 der
Anteil der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf 8,8 %
aller Schülerinnen und Schüler. Damit belegt Sachsen-Anhalt den vorletzten Platz im
bundesdeutschen Vergleich.
Gleichzeitig zeigen die Statistiken, dass die Inklusionsquote nach wie vor viel zu gering
ist. Im Schuljahr 2006/2007 betrug die Inklusionsquote in Sachsen-Anhalt 7,7 %.
In den letzten Jahren sind von der Landesregierung zwar Anstrengungen unternommen
worden, um das Problem der hohen Förderquoten einerseits und der geringen
Inklusionsquoten andererseits zu beheben, jedoch zeigen die Erfahrungen, dass die
bisherigen Entwicklungen nicht befriedigend sind. Insgesamt lässt sich festhalten,
dass es noch eines großen Kraftakts bedarf, um die schulische Inklusion umfassend
umzusetzen.


Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzt sich daher für eine konsequente Umsetzung
der UN-Behindertenkonvention und der Inklusion in den Schulen ein. Die
einbringende Fraktion fordert eine Schule für alle Kinder mit einem auf die einzelne
Schülerin und den einzelnen Schüler zentrierten Unterricht; eine Schule in der nicht
länger die Schulform oder der Lehrplan im Zentrum steht, sondern das einzelne Kind;
eine Schule, in der für jedes Kind individuelle Lernpläne entwickelt und umgesetzt
werden, ganz unabhängig davon, ob es sich um eine Schülerin oder einen Schüler
mit besonderen Kompetenzen oder Interessen handelt oder um ein Kind mit einem
speziellen Handicap. Wir brauchen Schulen, die für jedes Kind einen Maßanzug
schneidern.


Um diese Schule zu realisieren, muss als erstes Exklusion vermieden werden. Darüber
hinaus müssen die Förderschulen im Land weitgehend aufgelöst und die Schülerinnen
und Schüler in den Regelschulen unterrichtet werden. Was sich das Land
auf Dauer nicht leisten kann, ist ein kostspieliges Doppelsystem gut ausdifferenzierter
Förderschulen und für Inklusion schlecht gerüsteter Regelschulen. Das beraubt
die Kinder einer fairen Chance, einen erfolgreichen Weg in die Gesellschaft zu gestalten.
Ein solches Doppelsystem stellt aber auch die Lehrerinnen und Lehrer an
den Regelschulen vor eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Insoweit vertritt
die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Auffassung, dass zur Umsetzung der
schulischen Inklusion mutige und konsequente Schritte hin in Richtung echter Inklusion
notwendig sind. Dem wichtigen Schritt der festen Zuordnung der Förderschullehrerinnen
und Förderschullehrer in die multiprofessionellen Teams der Regelschulen
muss der zweite Schritt des weitgehenden Abbaus der Förderschulen folgen.
Gute Inklusion ist jedoch nur zu erreichen, wenn alle Lehrerinnen und Lehrer auf diese
Aufgabe hinreichend vorbereitet werden.

Kategorie

Bildung | Parlament

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