BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Prof. Dr. CLAUDIA DALBERT

Klausurtagung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

"Das Geld muss bei den Menschen und nicht in der Infrastruktur landen."

13.10.11 –

MAGDEBURG/UM - "Haushalt 2012/2013. Parlamentsreform. Gelebte Demokratie. Kinderbetreuung: Das waren unsere Themen." So fasst die Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Dr. Claudia Dalbert, die Klausurtagung ihrer Partei zusammen.

Zwei Tage lang diskutierte die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Freyburg/Unstrut über die Wege, wie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ihre Ziele umsetzen kann. "Zunächst stand bei unseren Gesprächen der Haushaltsplan 2012/2013 der Regierung Haseloff auf der Tagesordnung", berichtet Dalbert. Finanzminister Jens Bullerjahn gehe in seinen Berechnungen von einer sehr guten Steuerschätzung aus, wenn dies zutreffe, müsse er auf jeden Fall mehr Geld in die Steuerschwankungsreserven lenken. Mit 50 Millionen in 2011 und 60 in 2012 sei "das nicht sehr großzügig". Bullerjahn müsse jetzt einen vernünftigen Puffer für schlechtere Zeiten anlegen, so Dalbert weiter.

Darüber hinaus müsste jedes Ressort Mittel für die Bildung einsparen, lautet eine Forderung aus der Klausur. So sieht BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Einsparpotenzial gerade im Verkehrsetat beim Neu- und Ausbau von Landesstraßen sowie bei dem Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle. Eine weitere Möglichkeit für Einsparungen seien geringere Personal-Ausgaben. Hier wäre das Angebot der freiwilligen Arbeitszeitverkürzung, auch bei Beamtinnen und Beamten, ein erster Schritt in die richtige Richtung. Dalbert: "Hier sollte es die Möglichkeit geben, bis zu 20 Prozent weniger zu arbeiten. Die geringeren Ausgaben sollten dann jeweils hälftig gespart und für Neueinstellungen genutzt werden."

Diese Mehreinnahmen können beim Wasserentgelt erzielt werden. "Die von der Landesregierung veranschlagten elf Millionen Euro pro Jahr sind im Verhältnis zu anderen Bundesländern niedrig angesetzt", meint Dalbert. Ein weiterer Punkt für Mehreinnahmen ist die Wiedereinführung der Förderabgabe nach Bundesbergbaugesetz für beispielsweise Braunkohle, Salz, Kies, Sand und Ton. Dalbert: "Wir können es uns nicht leisten, unsere Ressourcen an private Unternehmen zu verschenken."

Die Einnahmen sollen dann auf jeden Fall in die Kinderbetreuung und Schulpolitik fließen. Als Diskussionsgrundlage legte die Fraktion bei ihrer Klausur fest, dass der Personalschlüssel in der Krippe (bis drei Jahre) von 1:6 auf 1:4, in der Kindertagesstätte (bis zum Schulbeginn) von 1:13 auf 1:10 und im Hort (bis 14 Jahre) von 1:25 auf 1:23 verbessert werden sollte. Diese Schlüssel wären ein großer Qualitätssprung. "Frühkindliche Betreuung und Bildung ist die wichtigste Zukunftsinvestition für unsere Gesellschaft", erklärt Dalbert. Sozialminister Norbert Bischoff (SPD) habe zwar ein Gesetz zur Verbesserung vorgelegt, was das kostet, sei aber im Haushalt des Finanzministers nicht genügend hinterlegt. Hier müsse Bischoff kämpfen, sonst bleibe es bei halbgaren Ankündigungen.

Bei den Schulen liegt die Herausforderung beim Ausbau der Ganztagsschulen. Sie sind ein wichtiger Baustein hin zu einer besseren Bildung. Sachsen-Anhalt hat dabei schon Erfahrungen gesammelt. "Wir könnten gleich mit dem Ausbau der Ganztagsschulen beginnen. Wenn wir jetzt zusätzliche 25 Millionen Euro pro Jahr für den Umbau zur Verfügung stellen, haben wir nach zehn Jahren alle Maßnahmen umgesetzt. Pro Jahr kommen noch einmal 10 Millionen Euro an zusätzlichen Personalkosten hinzu, sodass wir nach zehn Jahren, wenn die Umbaumaßnahmen abgeschlossen sind, konstant 100 Millionen Euro Mehrausgaben haben." Das seien konkrete Zahlen, mit denen der Haushalter Bullerjahn arbeiten und an anderer Stelle Einsparungen vornehmen könne. Dalbert: "Wir müssen in Köpfe statt in Beton investieren."

Ein zentrales Anliegen bündnisgrüner Politik ist die Parlamentsreform. "Bei unserer Klausur haben wir hierbei unsere selbstgesteckten Ziele weiter konkretisiert", meint Dalbert. Gleich nach dem Einzug ins Parlament im März nannte BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dazu die Öffentlichkeit von Ausschüssen sowie deren Protokolle als ein Ziel. Weitere Ziele konkretisierte die Fraktion jetzt bei ihrer Klausur: So soll es neben individuellen Petitionen künftig auch das Recht auf eine öffentliche Petition geben - für Sachsen-Anhalt wäre das ganz neu. "Kommen in einer noch festzulegenden Frist ausreichend Unterschriften von Unterstützerinnen und Unterstützern zusammen, wird die Petition im Ausschuss nicht nur allgemein, sondern durch eine öffentliche Anhörung behandelt", erklärt Dalbert das Verfahren. Auf Bundesebene seien für öffentliche Petitionen 50.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner erforderlich. Umgerechnet auf die Bevölkerung Sachsen-Anhalts mache das rund 1500 Unterstützerinnen und Unterstützern.

Und natürlich muss die Geschäftsordnung des Landtags den Ansprüchen des Internets und der digitalen Informationsverarbeitung gerecht werden: "Eine Regelung zur Online-Petition muss kommen. Sie sollte es ermöglich, dass künftig sowohl individuelle als auch öffentliche Petitionen elektronisch beim Landtag eingereicht werden können", fordert die bündnisgrüne Fraktion.

Außerdem fordert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht nur probeweise sondern dauerhaft einen "heißen Stuhl". In jeder Sitzungsperiode des Landtages könnten dann die Fraktionen in abwechselnder Reihenfolge ein Thema für eine Regierungsbefragung benennen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN will so mehr Transparenz in die Entscheidungsfindung auf der Regierungsbank bringen.

"Demokratie.Mit.Machen": das ist das Schwerpunktthema der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dazu gehört neben der Parlamentsreform und den bereits begonnenen Initiativen wie beispielsweise Polizeikennzeichnung und Drittelparität+ auch das Projekt zur Novellierung der Gemeinde- sowie der Landkreisordnung. "Das gesamte kommunale Verfassungsrecht kann demokratisiert werden", sagt Dalbert. Konkrete Verbesserungen könnten aus Sicht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sein:
1)    die Anpassung von Bestimmungen zur Veröffentlichung von Bekanntmachungen an das Internetzeitalter,
2)    die Erweiterung des Kreises der Wahlberechtigten auf Nicht-EU-Bürgerinnen und Nicht-EU-Bürger,
3)    die Stärkung direkt-demokratischer Elemente inklusive der Wiedereinführung eines Vorschlagsrechts für Bürgerinitiativen an die Kommunalvertretungen,
4)    die Genehmigung von Übertragungen aus den Sitzungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse,
5)    die Einführung einer integrierten Stichwahl um dem befürchteten Demokratiedefizit bei einer von der Koalition geplanten Abschaffung der Stichwahlen von Bürgermeisterinnen und Bürgermeister entgegenzuwirken,
6)    die Einführung eines Hinderungsgrundes für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, damit diese nicht gleichzeitig Mitglied im Kreistag sein können,
7)    die Festschreibung von verbindlichen Bürgerhaushalten oder der Zurverfügungstellung von Haushaltsdaten als OpenData und
8)    die Erhöhung der Transparenz bei Beteiligungen der Gemeinde und bei Vorstandsentschädigungen.

Ein weiterer Punkt ist die Stärkung der Ortschaftsräte. Durch die Gemeindegebietsreform wurden viele Dörfer zu Städten zusammengefasst, ohne dass sie Städte sind, sondern nur riesige Regionen, die seitdem unter einem Namen regiert werden. "In diesen Regionen geht die Identität mit den politischen Organen verloren, weil sie zu weit weg sind. Wir wollen Politik hier wieder erlebbar und nachvollziehbar machen", sagt Dalbert.

Einen weiteren Punkt beschloss BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei seiner Klausur: Die Fraktion möchte auch bei der Interessenvertretung im Landtag mehr Transparenz. "Wir sollten, nach dem Vorbild des deutschen Bundestages, eine öffentliche Liste über die Registrierung von Verbänden und deren Vertreter beim Präsidenten des Landtags führen", fordert Dalbert.

Kategorie

Bildung | Parlament

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