Ausbildung für alle - berufliche Zukunft aller jungen Menschen in Sachsen-Anhalt sichern

Es muss gelten: Wer will, der kann! Diese Forderung setzt am Recht des jungen Menschen auf eine Ausbildung an. Sie denkt vom Menschen her und setzt die Forderung nach einer „Ausbildung für alle“ nicht einzig in Bezug zu einer volkswirtschaftlichen Nutzenerwägung.  Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt hierzu am 17.02.2015 einen Antrag (Drs. 6/3816) und Forderungen an die Landesregierung. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales (Drs. 6/4630) gibt hierzu eine Beschlussempfehlung am 03.12.2015.

03.12.15 –

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt am 17.02.2015 einen Antrag (Drs. 6/3816) und Forderungen an die Landesregierung. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales (Drs. 6/4630) gibt hierzu eine Beschlussempfehlung am 03.12.2015.

 

Der Landtag wolle beschließen,

Die Landesregierung wird aufgefordert,

1. zusammen mit den Kammern und den Gewerkschaften eine „Ausbildungsplatzgarantie“ zu vereinbaren mit dem Ziel das Übergangssystem mittelfristig abzuschaffen und allen Jugendlichen nach dem Schulabschluss den Einstieg in ein reguläres Ausbildungsverhältnis bei einem Unternehmen am allgemeinen Ausbildungsmarkt zu ermöglichen. Zur Umsetzung dieser Ausbildungsplatzgarantie hat das Land:

a)    eine sozialpädagogische Ausbildungsbegleitung zu schaffen, die insbesondere Jugendlichen in schwierigen Lebenslagen bei der erfolgreichen Absolvierung ihrer Ausbildung unterstützt. Träger der Jugendberufshilfe sind dabei einzubeziehen und

b)    zusammen mit den Kammern eine Modularisierung der Ausbildungsinhalte zu entwickeln. Ziele der Modularisierung sind Verbundausbildungen zu erleichtern, Zwischenqualifikationen der Auszubildenden zu ermöglichen und den Wechsel von Ausbildungsbetrieben oder Ausbildungsberufen möglichst verlustfrei zu gestalten.

2. Um die hohe Zahl der Auflösung von Ausbildungsverträgen zu minimieren, sollen Konfliktlotsen flächendeckend und leicht zugängig etabliert werden.

3. Eine verbindliche Berufsorientierung soll in allen Schulformen ab der fünften Klassenstufe eingeführt werden. Diese soll auch in Gymnasien neben der Studienorientierung gleichberechtigt erfolgen.

Begründung

Eine Ausbildungsplatzgarantie, die allen jungen Menschen den Einstieg in eine reguläre Ausbildung ermöglicht, wird im politischen Raum seit langem gefordert. Die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt in Sachsen-Anhalt rückt diese Zielstellung in greifbare Nähe. Dennoch ist Politik gefordert, aktiv einzugreifen, um allen Jugendlichen den Weg in die Ausbildung zu ebnen und damit das Übergangssystem mittelfristig überflüssig zu machen. Zu diesem Ziel soll das Land sich zusammen mit den Kammern und Gewerkschaften verpflichten. Es muss dabei gelten: Wer will, der kann! Diese Forderung setzt am Recht des jungen Menschen auf eine Ausbildung an. Sie denkt vom Menschen her und setzt die Forderung nach einer „Ausbildung für alle“ nicht einzig in Bezug zu einer volkswirtschaftlichen Nutzenerwägung.

 

Zur Umsetzung dieses Ziels ist die Entwicklung einer sozialpädagogischen Ausbildungsbegleitung nötig. Durch eine solche wird eine reguläre betriebliche Berufsausbildung auf dem allgemeinen Ausbildungsmarkt mit einem umfassenden Unterstützungsangebot flankiert. Auch flexiblere Formen der Ausbildung wie etwa einer Teilzeitausbildung für junge Eltern können in diesem Rahmen ebenso erfolgen wie die Unterstützung von Jugendlichen in geschlechtsuntypischen Berufen. Träger dieser Begleitung soll die Jugendberufshilfe insb. nach SGB VIII sein. Gemeinsames Ziel der begleiteten Ausbildung ist die Beseitigung sozialer Benachteiligung und die Unterstützung der jungen Menschen bei der Schaffung stabiler Lebensverhältnisse. Aufnahme und Absolvierung einer Ausbildung ist der Weg, dies zu erreichen.

 

Durch eine Modularisierung der Ausbildung sollen Verbundausbildungen erleichtert werden. Bei einer Verbundausbildung teilen sich mehrere Betriebe die Ausbildung. Dies reduziert den Aufwand des einzelnen Unternehmens. Es ermöglicht so auch Kleinstbetrieben in die Ausbildung einzusteigen, die alleine nicht alle Lerninhalte abdecken könnten. Durch eine Modularisierung der Ausbildung kann eine Verbundausbildung weit leichter organisiert werden, da bspw. einzelne Unternehmen gezielt bestimmte Module anbieten können.

 

Für die jungen Menschen hat eine Modularisierung den Vorteil, dass bei einem Ausbildungs- oder Ausbildungsplatzwechsel einzelne Module anrechenbar sind. Auch kann es motivierend sein, Zwischenschritte erfolgreich zu beenden. Diese „Zwischen-Gratifikation“ beugt im besten Falle Ausbildungsabbrüchen vor. Durch eine Modulstruktur erfolgt ein frühzeitiges Leistungsfeedback, wodurch Schwächen frühzeitig erkennbar werden und sich nicht erst in der gescheiterten Prüfung von Gesellinnen und Gesellen manifestieren. Die Modularisierung kann daher zur Senkung sowohl der Durchfallquote bei der Prüfung von Gesellinnen und Gesellen, als auch der Quote von Abbrecherinnen und Abbrechern beitragen.

 

Das Präventionsprogramm der Landesregierung von 2006 war augenscheinlich nicht erfolgreich. Trotz dieses Programms ist in Sachsen-Anhalt die Quote von Abbrecherinnen und Abbrechern von 2005 bis 2012 von 22,8 % auf 31,9 % gestiegen. Damit hat Sachsen-Anhalt die dritthöchste Lösungsquote im Ländervergleich. Ausbildungsabbrüchen liegen in der Regel zwei Ursachen zugrunde: Konflikte am Ausbildungsplatz und falsche Berufsvorstellungen. Bei Konflikten am Ausbildungsplatz sollen leicht erreichbare Konfliktlotsen als Moderatoren tätig werden, um zur Streitschlichtung beizutragen und so einem Ausbildungsabbruch vorzubeugen. Ausbildungsabbrüchen liegen häufig falsche Berufsvorstellungen zugrunde. Hinzu kommt erschwerend, dass die Jugendlichen in ihrer Mehrzahl nur wenige geschlechtstypische Berufe anwählen und ihnen die Mehrzahl der 344 Ausbildungsberufe überhaupt nicht bekannt zu sein scheint. Aus Sicht der antragstellenden Fraktion soll eine Berufsorientierung an jeder Schule einschließlich der Gymnasien ab der fünften Klasse verbindlich stattfinden, um eine individuell besser passende Berufswahl zu ermöglichen.

 

Prof. Dr. Claudia Dalbert

Fraktionsvorsitzende

Kategorie

Bildung | Parlament

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