Dalbert: Gruppenhaltung ist der Standard für den Stall der Zukunft – Landwirtschaftsministerin kritisiert 8-jährige Übergangsfrist

03.07.20 –

Berlin. Der Bundesrat hat heute die Änderung der Tierschutznutztierhaltungsverordnung auf den Weg gebracht.

Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsministerin erklärte dazu heute in ihrer Rede im Bundesrat: „Was wir hier heute vorliegen haben, ist eine deutliche Verbesserung in der Sauenhaltung: Es wird endlich der Ausstieg aus der Kastenstandhaltung eingeleitet. Nun wird die Gruppenhaltung der Regelfall sein. Das ist das, was tierwohlgerechter ist.“ 

Gleichzeitig erläuterte sie, warum Sachsen-Anhalt dem Entwurf nicht zustimmen konnte: „Geltendes Recht wird seit 1992 gebrochen. Eine Verlängerung um weitere 8 Jahre kann ich nicht nachvollziehen. In Erfüllung der Vorgaben der Gerichte bauen die Schweinehalterinnen und -halter in Sachsen-Anhalt seit 2015 ihre Kastenstände hin zu rechtskonformen Kastenständen um. Bis heute haben 70 Prozent der Betriebe in Sachsen-Anhalt einen rechtskonformen Zustand hergestellt. 24 Prozent der Betriebe haben sogar auf Gruppenhaltung umgestellt. Das zeigt: Ein Umbau ist auch früher als in 8 Jahren möglich.“

Der Redebeitrag von Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert in der 992. Sitzung des Bundesrates zu TOP 76 „Siebte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (Drs. 587/19)“ zum Anschauen: https://youtu.be/aVWq-gvZvQ4?list=PLxpMDDSHQRJ79gBk6hziw-ti9DhcZruan ab Minute 19:36.

Der Redebeitrag von Ministerin Prof. Dr. Dalbert in der 992. Sitzung des Bundesrates zu TOP 76 „Siebte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (Drs. 587/19)“ im Wortlaut:

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

zu den Aufgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers gehört es, Tierschutzbelange gegenüber anderen Interessen abzuwägen und bei der Normsetzung zu beachten.

Dabei hat er das im Grundgesetz verankerte Staatsziel Tierschutz zu berücksichtigen. 
Das heißt: Verbessern Ja, Verschlechtern Nein.

Ich nehme es gleich vorweg: Was wir hier heute vorliegen haben, ist eine deutliche Verbesserung in der Sauenhaltung: Es wird endlich der Ausstieg aus der Kastenstandhaltung eingeleitet.
Kastenstände schränken die Bewegungsfreiheit der Sauen stark ein, sie verursachen Stress und Frustrationen und bringen ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen und für orale Verhaltensstörungen mit sich. Der Kastenstand dient allein der Arbeitserleichterung der Tierhalter und -halterinnen. Nun wird die Gruppenhaltung der Regelfall sein. Das ist das, was tierwohlgerechter ist.

Die Sauen werden künftig die weit überwiegende Zeit in der Gruppe gehalten. Das alleine würde mich als zuständige Landwirtschaftsministerin noch nicht zufriedenstellen. Aber der entscheidende Aspekt ist, dass die Gruppenhaltung zudem auch noch tierwohlgerechter ausgestaltet wird: Jede Sau wird künftig im Deckzentrum eine Fläche von 5 Quadratmetern für sich haben. Diese Fläche wird üblicherweise in verschiedene Bereiche unterteilt werden, wie Liege-, Aktivitäts- und Fressbereich. Dazu wird jeder Sau organisches und faserreiches Beschäftigungsmaterial zur Verfügung stehen. Denn wir wissen, dass Schweine sehr verspielt sind und diese Art von Beschäftigung ein arttypisches Verhalten darstellt. Dafür haben wir uns eingesetzt.

Gruppenhaltung ist der Standard für den Stall der Zukunft. Wir müssen jetzt schweinehaltende Betriebe dabei unterstützen, auf Gruppenhaltung umzustellen, so wie wir das in Sachsen-Anhalt tun. Hier setzt die Protokollerklärung der Bundesregierung mit der Förderung des Umbaus hin zu einer tierwohlgerechteren Sauenhaltung an. Ein extrem wichtiger Baustein, der die notwendigen Umbaumaßnahmen fördern wird.
Denn genau das bietet die nötige Planungssicherheit für die Schweinehalter und -halterinnen.
Und so wird die Schweinehaltung auch in der Gesellschaft eine deutlich höhere Akzeptanz erfahren.

Sie werden sich jetzt fragen, weshalb Sachsen-Anhalt nicht zustimmen kann:

Dies wird erst nach einem Übergangszeitraum von 8 Jahren (plus 2 Jahre Härtefallregelung) gelten.

Aber: Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat am 24. November 2015 entschieden: Es muss jedem Schwein im Deckzentrum möglich sein, jederzeit ungehindert in Seitenlage mit ausgestreckten Gliedmaßen zu ruhen und zwar ohne Übergangsfrist. Und das Oberverwaltungsgericht hat klargestellt, dass dies die geltende Rechtslage seit 1992 ist.
Das hat das Bundesverwaltungsgericht am 8. November 2016 bestätigt und klargestellt: Ein ungehindertes Ausstrecken einer Sau bedeutet nicht, dass im benachbarten Kastenstand eine andere Sau liegen darf und dass so die eine Sau der anderen Sau in den Rücken treten würde.

Geltendes Recht wird seit 1992 gebrochen. Eine Verlängerung um weitere 8 Jahre kann ich nicht nachvollziehen.

In Erfüllung der Vorgaben der Gerichte bauen die Schweinehalterinnen und -halter in Sachsen-Anhalt seit 2015 ihre Kastenstände hin zu rechtskonformen Kastenständen um.
Bis heute haben 70 % der Betriebe in Sachsen-Anhalt einen rechtskonformen Zustand hergestellt. 24 % der Betriebe haben sogar auf Gruppenhaltung umgestellt.

Das zeigt: ein Umbau ist auch früher als in 8 Jahren möglich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

weil hier ein unrechtmäßiger Zustand weiter verlängert wird, kann Sachsen-Anhalt nicht zustimmen. Dennoch sehe ich in dieser heute vorliegenden Verordnung einen Mehrwert:

• sie ist ein Systemwechsel in der Sauenhaltung,
• sie bietet eine Perspektive für eine gesellschaftlich akzeptierte Form der Nutztierhaltung,
• sie bietet den Schweinehalterinnen und -haltern die dringend notwendige Planungssicherheit.

Das, was heute zur Abstimmung steht, meine Damen und Herren, ist ein Auftakt für eine artgerechte und moderne Schweinehaltung. Aber ich hoffe nun nachdrücklich, dass die weiteren notwendigen Schritte zum tierwohlgerechten Umbau der Nutztierhaltung schnell folgen.

Vielen Dank!

 

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Quelle:
Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt 
Pressestelle 
Leipziger Str. 58 
39112 Magdeburg 
Tel: (0391) 567-1950 
Fax: (0391) 567-1964 
Mail: pr@remove-this.mule.sachsen-anhalt.de

Kategorie

Landesregierung | Landwirtschaft

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