Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Sachsen-Anhalt

Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drs. 6/4056) mit Antwort der Landesregierung (Drs. 6/4258) vom 16.07.2015. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt einen Entschließungsantrag (Drs. 6/4361), woraufhin die Fraktion DIE LINKE einen Änderungsantrag (Drs. 6/4386) am 16.09.2015 stellt. Eine Erste Beratung zum Thema fand am 17.09.2015 im Rahmen einer Plenarsitzung statt (Plenarprotokoll 6/95, siehe S. 7880).

17.09.15 –

Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drs. 6/4056) mit Antwort der Landesregierung (Drs. 6/4258) vom 16.07.2015. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt einen Entschließungsantrag (Drs. 6/4361), woraufhin die Fraktion DIE LINKE einen Änderungsantrag (Drs. 6/4386) am 16.09.2015 stellt. Eine Erste Beratung zum Thema fand am 17.09.2015 im Rahmen einer Plenarsitzung statt (Plenarprotokoll 6/95, siehe S. 7880).


Die Aufnahme und Unterbringung von nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigten Ausländerinnen und Ausländern obliegt nach § 1 Abs. 1 und 2 Aufnahmegesetz (AufnG) den Landkreisen und kreisfreien Städten (Aufnahmekommunen) als Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises.

 

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie definiert die Landesregierung die Termini „Gemeinschaftsunterbringung“, „dezentrale Unterbringung“ und „dezentrale Wohnungsunterbringung“? Hinsichtlich welcher qualitativen und quantitativen Merkmale erfolgt dies?

  1. In welcher Form erfolgt die Unterbringung von Flüchtlingen in Sachsen-Anhalt zum Zeitpunkt dieser Großen Anfrage in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten? Bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten gliedern sowie je nach Einrichtung mit Adresse, Betreiber sowie Belegungsstand und -kapazität aufführen. Bitte jeweils aufschlüsseln nach Unterbringungsform:

    a) Gemeinschaftsunterbringung im Sinne der Unterbringung von Familien und/oder Einzelpersonen in einem Gebäude, welches nicht anderweitig vermietet oder bewohnt wird und welches nur zentrale Nutzungsmöglichkeiten von Küche, Bad, Postempfang etc. bietet;

    b) wohnungsähnliche Unterbringung im Sinne der Unterbringung von Familien und/oder Einzelpersonen in Wohnungen oder wohnungsähnlichen Zimmeranordnungen, welche ausschließlich individuelle bzw. Wohneinheiten-weise Nutzungsmöglichkeiten von Küche, Bad, Postempfang etc. anbieten und die über eine klare Abgrenzung zu anderen Bewohnern in einem ausschließlich durch Flüchtlinge genutzten Gebäude verfügen;

    c) dezentrale Unterbringung in Wohnungen im Sinne einer Unterbringung von Familien und/oder Einzelpersonen in Wohnungen, welche ausschließlich individuelle Nutzungsmöglichkeiten von Küche, Bad, Postempfang etc. bieten sowie über eine klare Abgrenzung zu anderen Bewohnern in einem Gebäude verfügen, dass mehrheitlich von Bewohnern der deutschen Mehrheitsgesellschaft genutzt wird;

    d) Unterkünfte in Modulbauweise und in Containern und

    e) sonstige Unterkünfte (Notunterkünfte, Turnhallen etc.).

  1. Welche weiteren Planungen bestehen zur Unterbringung von Flüchtlingen sowie Asylsuchenden in Sachsen-Anhalt und wer ist bzw. wird mit dem Betrieb der Einrichtungen beauftragt? Bitte nach Landkreisen/kreisfreien Städten und Betreibern entsprechend der in Frage 2 definierten Unterbringungsformen aufschlüsseln und mit Adresse sowie Belegungsstand und -kapazität aufführen.

  1. Wie stellt sich der Belegungsstand der Unterkünfte im Land Sachsen-Anhalt im Zeitraum 1. Januar 2014 bis zum Zeitpunkt der Einreichung der Großen Anfrage dar? Welche Belegungszahlen werden für den Verlauf des Jahres 2015 und für 2016 prognostiziert und auf welcher Grundlage werden diese Prognosen erhoben? Bitte nach Landkreisen/kreisfreien Städten und Gemeinden entsprechend der in Frage 2 definierten Unterbringungsformen aufschlüsseln.

  1. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden im Zeitraum 1. Januar 2014 bis zum Zeitpunkt der Einreichung der Großen Anfrage in den Gemeinschaftsunterkünften und den Unterkünften anderer Art beschäftigt? Welche Personalzahlen werden für den Verlauf des Jahres 2015 und für 2016 prognostiziert und auf welcher Grundlage geschieht dies? Bitte nach Landkreisen/kreisfreien Städten und Gemeinden entsprechend der in Frage 2 definierten Unterbringungsformen sowie Berufsgruppe/Funktion (z. B. Betreuungspersonal, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Therapeutinnen und Therapeuten, Sicherheitspersonal, technisches Personal etc.) sowie deren Qualifikation (z. B. Berufs- oder Hochschulabschluss mit Angabe der Fachrichtung) aufschlüsseln.

  1. Wie verfolgt die Landesregierung das Ziel, die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden vorrangig dezentral, d. h. in nicht zusammenhängenden Wohnungen, zu realisieren? Wie beurteilt die Landesregierung die Entwicklung hin zur dezentralen Unterbringung in Wohnungen im Hinblick auf die Möglichkeit zum Abbau von Vorurteilen und Fremdenfeindlichkeit in der Aufnahmegesellschaft?

  1. Wie stellt sich die Entwicklung der Unterbringung von Flüchtlingen sowie Asylsu­chenden in dezentralen nicht zusammenhängenden Wohnunterkünften gegenüber der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften seit 1. Januar 2014 dar? Bitte nach Landkreisen/kreisfreien Städten und Gemeinden entsprechend der in Frage 2 definierten Unterbringungsformen aufschlüsseln.

  1. In welcher Weise und mit welchen Ergebnissen wurde durch die Land­kreise/kreisfreien Städte und/oder das Ministerium für Inneres und Sport die Unterbringung von Flüchtlingen sowie Asylsuchenden in dezentralen nicht zusammenhängenden Wohnungen geprüft? Mit welchem Ergebnis erfolgte dies? Mit welcher Begründung wurde ggf. jeweils auf eine solche Prüfung verzichtet? Bitte aufschlüsseln nach Gebietskörperschaft.

  1. In welchem Umfang haben/werden die Landkreise und kreisfreien Städte Sachsen-Anhalts in den Jahren 2014 und 2015 Finanzmittel für die dezentrale Unterbringung in Wohnungen aufgewendet/vermutlich aufwenden? Bitte Einzelaufstellung nach Anzahl der untergebrachten Flüchtlinge sowie Asylsuchenden und Gebietskörperschaft sowie Vermietungsart (selbst oder durch Dritte angemieteter Wohnraum).

  1. Wie viele Familien lebten mit wie vielen Kindern 2014 und im I. Quartal 2015 in welchen der in Frage 2 definierten Unterbringungsformen? Bitte nach Landkreisen/kreisfreien Städten und Gemeinden aufschlüsseln.

  1. Wie viele Menschen leben seit mindestens fünf Jahren in den Unterkünften, wie viele davon mit Familie? Bitte Einzelaufstellung nach Landkreisen und kreisfreien Städten sowie Einrichtung entsprechend der in Frage 2 definierten Unterbringungsformen aufschlüsseln.

  1. Wie viele allein erziehende Mütter lebten seit 2013 wie lange in den Unterkünften? Bitte Einzelaufstellung nach Jahren, Landkreisen und kreisfreien Städten und Einrichtung entsprechend der in Frage 2 definierten Unterbringungsformen aufschlüsseln.

  1. Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) gelangten im Zeitraum 1. Januar 2014 bis zum Zeitpunkt der Einreichung der Großen Anfrage nach Sachsen-Anhalt? Wie und wo sind diese untergebracht und wie werden sie betreut? Bitte aufschlüsseln nach Jahren, Landkreisen und kreisfreien Städten sowie Einrichtung.

  1. Von wem wird zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Methode das Alter der UMF festgestellt?

  1. Angesichts der Prognosen zu internationalen Entwicklungen und Fluchtbewegungen muss künftig auch von steigenden Zahlen der UMF ausgegangen werden. Wie geht die Landesregierung mit der Herausforderung der Sicherstellung einer dem Kindeswohl entsprechenden, bedarfsgerechten Unterbringung, Versorgung und Betreuung der UMF um? Inwieweit wird die Möglichkeit der Zusammenführung der erweiterten Familie geprüft?

  1. Wie viele Anträge auf dezentrale Unterbringung in einer Wohnung wurden seit dem 1. Januar 2014 gestellt? Wie viele davon wurden bewilligt, wie viele abgelehnt? Aus welchen Gründen erfolgten Ablehnungen? Bitte Einzelaufstellung nach Landkreisen und kreisfreien Städten.

  1. Welche Tagessätze für die Unterbringung von Flüchtlingen sowie Asylsuchenden wurden im Jahr 2014 und im I. Quartal 2015 durch das Land Sachsen-Anhalt an die Landkreise und kreisfreien Städte entrichtet? Wie viel davon gaben die Landkreise an die Betreiber der Einrichtungen weiter? Bitte Einzelaufstellung nach Landkreisen und kreisfreien Städten sowie Einrichtung entsprechend der in Frage 2 definierten Unterbringungsformen.

  1. Welche Kontrollen finden zur Einhaltung der Leitlinien für die Unterbringung und soziale Betreuung von nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigten Ausländern vom 15. Januar 2013 statt? Bitte aufschlüsseln nach Unterkunft, Aufsichtsbehörde, Art der Maßnahme und tatsächlichen Kontrollterminen seit 1. Januar 2014.

  1. In wie vielen Fällen musste eine Aufsichtsbehörde wegen Verstößen gegen die von den Leitlinien für die Unterbringung und soziale Betreuung von nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigten Ausländern vom 15. Januar 2013 erwähnten Standards seit 1. Januar 2014 tätig werden? Bitte aufschlüsseln nach Unterkunft, Aufsichtsbehörde und Art der Missstände.

  1. Welche Gemeinschaftsunterkünfte wurden seit 1. Januar 2014 durch private Sicherheitsdienste überwacht und welche Kosten entstanden dadurch? Wo und seit wann findet eine Einlasskontrolle statt? Bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten sowie Einrichtung.

  1. In welchen Einrichtungen werden optische und/oder akustische oder sonstige technische Überwachungsmaßnahmen eingesetzt? Wer wertet die so gewonnenen Daten aus? Wie lange werden die Daten gespeichert? Bitte je Einrichtung nach Art der Maßnahme aufschlüsseln.

  1. Wie viele Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sind in den einzelnen Gemeinschaftsunterkünften des Landes jeweils vorgesehen und wie viele Stellen sind derzeit tatsächlich besetzt? Über welche Qualifikationen (Fachrichtung) und welche Sprachkenntnisse verfügen sie? Bitte aufschlüsseln nach Sprache und Niveau (Muttersprache, fließend, Grundkenntnisse) sowie Fachrichtung (mit/ohne entsprechendem Abschluss).

  1. Wie erfolgt die soziale Betreuung von nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigten Ausländern in dezentraler Wohnungsunterbringung? Wie viele Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter waren im Zeitraum 2013 bis heute in welchen Landkreisen und kreisfreien Städten im Einsatz? Welche qualitativen und quantitativen Vorgaben gelten für sie?

  1. Auf welche Dauer sind Betreiberverträge der Gemeinschaftsunterkünfte grundsätzlich angelegt? Wann werden die Verträge verlängert bzw. neu ausgeschrieben? Bitte nach Unterbringungsform und Landkreisen/kreisfreien Städten auflisten.

  1. In welchen Einrichtungen existieren aktuell Heimbeiräte und wie sind diese erreichbar bzw. wer fungiert als Ansprechpartner? Ist die Gründung von weiteren Heimbeiräten beabsichtigt bzw. in Vorbereitung? Wo verfügen die Heimbeiräte über welche Infrastruktur (Büroraum, Computer, Internetanschluss)? Was sind die Ursachen für ggf. nicht vorhandene Heimbeiräte? Bitte nach Gemeinschaftsunterkünften sowie Landkreisen/kreisfreien Städten auflisten.

  1. Welche Betriebskosten entstanden im Jahr 2014 und im I. Quartal 2015 für die als Unterkünfte genutzten Immobilien? Bitte aufschlüsseln nach Landkreisen/kreisfreien Städten sowie je nach Unterbringungsform und dazu gehörigen Wohngebäuden.

  1. In welchen Landkreisen und kreisfreien Städten finden welche Unterstützungsangebote statt? Bitte unterscheiden zwischen Angebotsform (Sprachkurs, Beratung, usw.), Träger, Häufigkeit und Umfang, ehrenamtlich oder hauptamtlich organisiert, Finanzierungsart, Zugangsvoraussetzungen.

  1. In welchen Unterkünften sind Gebetsräume vorhanden und zu welchen Zeiten können diese genutzt werden? Bitte nach Landkreisen/kreisfreien Städten und nach Unterbringungsform auflisten.

  1. In welchen Unterkünften wird ein Internetzugang angeboten und wie erfolgt die Umsetzung (Rechner-Arbeitsplätze, WLAN-Hotspots etc.)? Wer sind die jeweiligen technischen Provider, welche Kosten entstehen für die Betreiber sowie für die Nutzer und wie erfolgt die Abrechnung? Bitte nach Landkreisen/kreisfreien Städten und Unterbringungsform auflisten.

 

Prof. Dr. Claudia Dalbert
Fraktionsvorsitzende

 


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Kultur | Parlament

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